Freiberuflich arbeiten

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Wer selbstständig und ist womöglich noch von zuhause aus arbeitet, wird ja oft (mehr oder weniger) heimlich von anderen beneidet. Völlige Freiheit und freie Zeiteinteilung? Klingt super!

Natürlich hat diese Arbeitsform auch Nachteile. Störungen durch klingelnde Nachbarn, Postboten (okay, wenn das Paket für mich ist, ist es wieder ein Vorteil) oder Anrufe von unseriösen Telefonmarketingleuten können einen ganz schön aus dem Konzept bringen. Auch die innere Stimme, die sagt: „Wasch doch die Wäsche nebenbei oder mach schnell die Spülmaschine an!“

Ganz ehrlich? Für mich überwiegen die Vorteile trotzdem:

Zeit

Als ich noch angestellt arbeitete, zeichnete sich ab, dass ich irgendwann nicht mehr Vollzeit – und das hieß damals: zu Ladenöffnungszeiten und inklusive Weihnachtsgeschäft – arbeiten wollte. Das brachte natürlich auch finanzielle Veränderungen mit sich, aber ich hatte danach das Gefühl, endlich wieder durchatmen zu können.

Vielleicht ist das auch so eine Sache, wenn man ab 40 feststellt, dass Leben nicht nur aus Arbeiten besteht. Die Sinnsuche zunimmt und Fragen aufwirft. Jedenfalls wollte ich Zeit für mich selber haben können!

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Jetzt, ein paar Jahre später, kann ich sagen: Die habe ich. Allein wegen der freien Zeiteinteilung hat sich der Schritt in die Selbstständigkeit gebucht. Natürlich hängt das auch an der Auftragslage. Wer gar nichts zu tun hat, langweilt sich trotzdem. So ist es bei mir nicht, aber Steigerungsmöglichkeiten gibt es ja immer. Allerdings: Ich möchte auch weiterhin nicht 60 oder 40 Stunden arbeiten. Ich möchte Zeit haben, Familienzeit zu haben oder meine eigene Dinge zu machen.

„Work-Life-Balance“?

Allerdings: Es verwischt immer mehr. Wo ist die Grenze zwischen Arbeit und Freizeit? In einem FLOW-Artikel las ich: Diese Grenze kann man ziehen. Entspannter ist es aber, wenn sie wegfällt: Der Job ist ein Teil unseres Lebens. Dabei achtsam zu sein, ist wichtig: So muss ich weder abends meine E-Mails checken noch dann noch darauf antworten. Selbstdisziplin gehört also dazu.

Aber: ich bin nicht kreativer oder produktiver, wenn ich meine Arbeit auf die Zeit zwischen 8 und 17 Uhr begrenze oder einenge. Habe ich abends eine tolle Idee, kümmere ich mich darum – wenn‘s passt. Und gehe stattdessen vormittags mal Kaffee trinken mit einer lieben Netzwerkkollegin.

Persönlich hinzu kommt bei mir: Ich bin echt keine Frühaufsteherin. Termine vor 10 oder eigentlich noch lieber 11 Uhr mache ich freiwillig nicht. Zwar kommt bei mir immer noch eine Fahrzeit von mindestens 45 Minuten von zu Hause in die Innenstadt dazu. Aber wenn ich um 9 Uhr ein Meeting hätte, müsste ich um 6 Uhr aufstehen. Nö. Dann wäre ich weder wach noch fit oder zurechnungsfähig.

Blumenwiese | schokofisch.de

Lebe lieber Blumenwiese

Ich arbeite thematisch, virtuell also, in einem bunten Arbeitsfeld: einem Bauerngarten quasi. Dort blühen rote Blumen, wachsen Kräuter, Kartoffeln reifen und Sonnenblumen strecken die Köpfe aus. Völlig unterschiedliche Pflanzen, die zusammen eine wunderbare Mischung ergeben.

Konkret heißt das bei mir, dass ich heute eine WordPress-Seite für einen Kunden bearbeite, später Termine aktualisiere, dann einen Vortrag zum Social Media Marketing vorbereite und danach einen Text über ein lohnendes Reiseziel schreibe. Jedes Thema eine einzelne Blume für sich.

Und: Ich genieße die Freiheit, mir neue „Beete“ anzulegen und etwas Neues auf die Beine zu stellen. Aktuell gerade einen Zeichen-/Sketchnote-Workshop. In den letzten Jahren habe ich wiederentdeckt, wie viel Spaß mir das Zeichnen macht und möchte das gerne weitergeben. Lustige Tiere zu zeichnen, ist das Motto des Workshops – ohne Krampf und ohne, dass du Künstler sein musst. Ich freue mich schon sehr drauf, und: es gibt noch freie Plätze!

Dank dieser kreativen Arbeit vermischt sich vieles in meinem Leben. Und deswegen trenne ich wirklich nicht mehr: Fotos machen? Liebe ich! Sie zu verkaufen? Perfekt! Texte schreiben und bloggen? Damit verdiene ich (noch?!) kein Geld – ich mag es trotzdem, und tue es beruflich wie privat.

Platz | schokofisch.deFreie Platzwahl!

Dazu kommt die Freiheit, an einem Ort meiner Wahl zu arbeiten. Grundsätzlich sinnvoll ist dazu ein Internetzugang – aber Schreiben geht auch ohne. Dieser Text entsteht beispielsweise gerade teilweise in einem Café, ein anderer Teil im Büro. Aber egal ob Sofa, Garten oder Parkbank – die Möglichkeit, Körper und Geist ein anderes Arbeitsumfeld zu gönnen und die Kreativität anzuschieben, ist fantastisch.

Natürlich, ich gebe zu: bei meinem Job funktioniert dies alles, und ich darf mich glücklich schätzen, diese Möglichkeiten zu haben. In der Produktion oder im Verkauf ginge all dies nicht. Aber genau hier haben wir ja auch unsere eigene Entscheidung getroffen.

Und bei dir? Ist selbstständige Arbeit etwas für dich?

 

Inga
Nordlicht aus Hamburg, Schweden im Herzen, Katze auf dem Schoß und immer einen Tee neben sich.

4 Kommentare

  1. Liebe Inga,

    sehr schöner Artikel, vielen dank dafür.

    Ein Leben als Angestellte kann (und mag) ich mir tatsächlich für mich nicht mehr vorstellen.

    Die jetzige freie und selbstbestimmte Zeiteinteilung ist mein Nektar. Zu viele fixe Termine machen mich kirre. Und alles, was vor 11.00 Uhr stattfindet, auch (Ausnahmen bestätigen natürlich die Regel). Selbst meine Hunde hassen frühes Aufstehen 😛

    Und auch die freie Platzwahl ist für mich ein Träumchen: Im Sommer unter dem Walnussbaum, im Winter vor dem Ofen, beim Kunden vor Ort, im Büro, von Zuhause – so wie es gerade zum Thema und Termin passt.

    Machen wir doch einfach weiter so 🙂

    Liebe Grüße
    Sabine

    PS.
    Schönes Schild da oben 😀

    1. … das geht mir auch so, liebe Sabine. Und ein gutes Bild, der Nektar!
      Vor dem Ofen arbeiten, mmh, das klingt bei dem Wetter sehr attraktiv…
      Herzliche Grüße zurück
      Inga

  2. Inga,

    ich habe seit meinem Start ins Berufsleben drei Dinge ausprobiert: zunächst einen 9-to-5-Job, dann rund 13 Jahre freiberufliche Arbeit als Berater und Softwareentwickler und seit knapp drei Jahren nun als unabhängiger Entwickler eines eigenen Projektes, einer online-Buchhaltungssoftware.

    Alle drei Dinge hatten ihr Für und Wider:

    – Der Bürojob bei der Bank war oft entspannt und wenn man wollte, konnte man alle Sorgen beim Verlassen des Büros zurück lassen. Ich war leider nicht der Typ dafür, und hatte mit oft sinnlos erscheinenden Entscheidungen kraft höher bezahlter Einsicht meiner Vorgesetzten oder viel höherer Ebenen ab und an so meine Probleme. Selbst als Berater in einem großen Unternehmen hatte ich sehr oft das Gefühl, einfach nur verheizt zu werden

    – Als freiberuflicher Berater und Entwickler habe ich Europas Metropolen bereist, in manch spannendem Projekt gearbeitet und mich wirklich toll einbringen können. Finanziell war das auch eine tolle Geschichte. So lange das Thema Familie eine entfernte Zukunftsvision war. Bei der Geburt unserer ersten Tochter konnte ich dabei sein, bin dazu 2 Stunden die Autobahn entlang geheizt, und war anschliessend „nur noch“ 4 Tage die Woche bei Kunden. Aber auch hier war eigentlich von einer Work-Life-Balance nicht im Ansatz zu reden. Nun war meine Tätigkeit eben meistens nur bei Kunden vor Ort zu leisten, und vor ein paar Jahren waren Auftraggeber für so etwas wie Home Office bei IT-Freiberuflern nicht gerade offen. Als Texter, Designer etc. sieht das – zumal im 21. Jahrhundert – anders aus.

    – Den Zustand, den Du beschreibst, habe ich nun auch erreicht, und fühle mich super dabei: Ich kann an unserem Produkt oder dem Marketing dafür arbeiten, wann und wo ich will. In Sachen Familie bedeutet das einen enormen Zuwachs an Lebensqualität. Aber auch in Sachen Produktivität: wenn ein blog-Beitrag nachts um drei getippt werden möchte, stehe ich eben dazu auf. Und wenn sonntags nach dem Fußballturnier meines Sohnes Ruhe im Haus ist, kann ich programmieren, testen, oder sonst etwas sinnvolles tun. Mails beantworten funktioniert im Café oder eben auch im Auto vorm Hallenrad ganz hervorragend. Leider ist es bei uns noch nicht so weit, dass dieses neue Arbeiten finanziell gleichwertig mit dem vorherigen ist, aber ich konnte mir einige gute Kunden aus der Beratungsphase als zweites Standbein erhalten. Insgesamt ein toller Mix und ich möchte nicht zurück.

    Perspektivisch sehe ich in meinem Weg sogar noch eine weitere Stärke gegenüber dem, was Du beschreibst:
    Du verkaufst Deine Zeit, genauso, wie ich es lange getan habe.
    Das bedeutet eben, wenn Du einmal ausfällst, sind die billable hours exakt Null. Da nimmt man den einen oder anderen Schnupfen erstmal nicht ernst, und verschiebt auch mal einen Arzttermin ein wenig. Je jünger man noch ist., desto besser geht das auch. Aber wir sind alle auf derselben Reise…

    Eine Softwareplattform im Web zu betreiben, hat hier durchaus weitergehende Vorteile: wenn ich einmal einen Tag aussetze, merkt das niemand, die Software läuft weiter und verdient Geld (oder vergrätzt zumindest keine Kunden). Und wenn unser Service, der Preis und das Marketing stimmt, lässt sich das praktisch endlos skalieren. Dabei geht es hier gar nicht so sehr darum, immer mehr Geld zu verdienen, sondern erstmal darum, das Einkommen zu sichern. In einem zweiten Schritt geht es auch darum, dass ich vielleicht nicht ewig immer 100% meiner Energie in dieses Projekt setzen möchte (heute noch gar nicht vorstellbar für mich), sondern etwas neues anfangen möchte. Dann ist es hoffentlich so weit, dass mein aktuelles Projekt den Start in ein neues Abenteuer vereinfacht, und sei es nur durch einen finanziellen Sockel, auf dem sich mit einer neuen Idee länger aushalten lässt.

    Für Dienen Beitrag vielen Dank, er ist sehr inspirierend und hat mich jetzt auch wieder einmal zum nachdenken angeregt, wie gut ich es doch habe, weil es mir ganz ähnlich geht, wie Dir!

    1. Hallo Joachim,
      danke für deine ausführliche Ergänzung! Gerade der Punkt mit dem Kranksein ist wirklich wichtig. Und du hast recht: Verkaufe ich Zeit, kann ich diese nur begrenzt verkaufen, im Gegensatz zu einem (digitalen) Produkt.
      Auf eine inspirierende Weiterarbeit!
      Inga

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