Gestern Abend ging ich aus: Die Digital Media Women (DMW) feiern nämlich zurzeit ihren fünften Geburtstag und luden in Hamburg zum Feiern ein! Da ich das Netzwerk sehr schätze und seit einigen Jahren (Förder-)Mitglied bin, hatte ich mich für diesen Abend angemeldet. Als hochsensible Person fällt mir das eigentliche Losfahren zu so einem Event dann allerdings nicht immer leicht…
Ein tolles Netzwerk
Die Digital Media Women: ein vor 5 Jahren in Hamburg gegründetes Netzwerk für Frauen (und auch Männer) in digitalen Berufen. Auf die DMW aufmerksam wurde ich über eine Veranstaltung mit Svenja Hofert vor ein paar Jahren. Hier kannte ich zwar niemanden, aber der Vortrag damals war grandios. Seitdem bin ich Mitglied (was kostenlos ist), und inzwischen auch Fördermitglied (= ich bezahle etwas, um die Vereinsarbeit zu unterstützen).
Die DMW haben seit ihrer Gründung fünf Quartiere gegründet, in denen regionale Veranstaltungen stattfinden. Außerdem besteht eine Facebookgruppe mit inzwischen über 3.600 Mitgliedern. Ein starker Verband! Hier finden inhaltliche und organisatorische Diskussionen statt, eine Vernetzung, die ich wirklich sehr schätze.

Ein hochsensibles Problem
Weggehen, Party machen, laute Musik, viele Leute und Smalltalk: Leider alles Dinge, auf die ich als hochsensible Person eher verzichte. Ich fühle mich einfach nicht wohl auf solchen Veranstaltungen, und das weiß ich.
Mein etwas „sozialphobisches“ Ich macht da einfach Alarm. Bereits den ganzen Tag vorher bin ich nervös, überlege mir Gründe, nicht hinzugehen und kann mich nicht wirklich konzentrieren auf andere Sachen. Klingt völlig verrückt? Finde ich objektiv betrachtet (oder wenn mir andere Leute das von sich erzählen) auch.
Gestern hatte ich allerdings auch einen guten Grund, trotzdem loszufahren: Im Vorweg war eine große Tombola für die DMW-Feier organisiert worden, und ich hatte mich gerne bereit erklärt, auch einen Preis zu stiften. Der lag allerdings noch auf meinem Schreibtisch… (Poststreik, und eine Verabredung war ausgefallen). Da schokofisch auch noch auf dem Sponsorenplakat stand (hach!), konnte ich also schlecht absagen. Ein guter Teaser also? Eigentlich ja.
Die Stimmung bei der Feier war nett, viele Leute standen quatschend herum und es gab sogar Freigetränke und sehr leckeres Essen, dazu tolle Livemusik. Ich traf ein paar bekannte Gesichter, tauschte einige Unterhaltungsfetzen und gab meinen Tombolagewinn ab.
Trotzdem fühlte ich mich wie ein Fisch auf dem Trocknen.

Kreative (Aus-)Wege
Ich habe einmal mehr gemerkt, dass solche Veranstaltungen und ich (so toll es war) nicht unbedingt zusammen passen. Tipps für Abende wie den gestrigen gibt es ja viele.
Welche Strategien davon sind sinnvoll für uns Hochsensible, um dennoch zu netzwerken und Kontakte zu knüpfen?
- Online – natürlich. HSPler lieben die schriftliche Kommunikation sowie den Austausch in den sozialen Netzwerken. Wie erwähnt, ist die DMW-Facebookgruppe dazu auch eine tolle Plattform, ebenso wie andere Kanäle und Blogs. Doch: Manchmal ist ja auch ein persönliches Treffen gut?!
- Einzeltreffen oder kleine Gruppen: Hier lebe ich viel schneller auf und kann mich besser auf mein Gegenüber einstellen. Im Zwiegespräch, zum Beispiel zum Kaffee oder gemeinsamen Mittagsessen, lässt es sich prima austauschen und kennen lernen. Ich habe allerdings noch nicht genau für mich bestimmt, wo mir die Gruppengröße „zu groß“ wird…
- Veranstaltungen: In Vorträge, Seminaren oder Workshops, in denen es um ein bestimmtes Thema geht, fühlen wir HSPler uns oft viel wohler. Auch hier ist zwar vor und nach dem Thema oft Smalltalk und Netzwerken angesagt, jedoch gibt es einen inhaltlichen Rahmen. Beginnt der Vortrag, kann ich mich auf meinem Sitzplatz entspannen und auf das Thema konzentrieren.
(Für mich ist dabei aus HSP-Sicht übrigens wichtig, mir einen „guten“ Sitzplatz zu suchen, z.B. am Rand der Sitzreihe oder ganz hinten. Von dort aus habe ich den Überblick und fühle mich nicht eingeengt wie es mir in der Mitte ginge.) - Auch Barcamps, Messen oder Konferenzen bieten gute Gelegenheiten, um andere zu treffen, ohne gestresst zu sein. Sogar auf der re:publica fühlte ich mich letztes Jahr einigermaßen wohl – trotz der 7.000 Besucher. Ich kann hier selber bestimmen, zu welchem Vortrag ich wann gehe, mit wem ich einen Kaffee trinke oder eben eine etwas ruhigere Ecke aufsuche, um aufzutanken.
- Und bei Feiern wie gestern fällt mir ein Besuch deutlich leichter, wenn ich z.B. mit einer Freundin dort hingehe. Eine Bezugsperson dabei zu haben, hält mich davon ab, allein in der Ecke zu stehen und „Mitleid zu erregen“. 😉

Ihr seht: Zahlreiche Möglichkeiten stehen Hochsensiblen offen. Die reine Abneigung oder Unlust auf Unbekannte oder große Menschenmengen allein stellen auch für HSP noch keinen Hinderungsgrund für effektives Netzwerken dar.
Im Gegenteil: Ich habe schon viele tolle Leute durch das Netz kennen gelernt und auch in der Realität getroffen. Spannende Gespräche und enge Kontakte entstanden dabei – und gute Freundschaften!
Auf die weiteren Veranstaltungen, den Austausch und den Input mit den DMW freue ich mich jedenfalls sehr!
Wie gehst du mit Veranstaltungen und Festen um? Springst du über deinen Schatten, oder hast du bestimmte Strategien entwickelt?
PS: Vielen Dank noch mal an die #DMWHH für’s Fest! 🙂 Der Hashtag lautet übrigens #5JahreDMW – zum Nachlesen und Stöbern.
Über meinen Schatten springen ist mein persönliches Mantra!
Zwar habe ich kein Problem mit großen Events und auch komme ich sehr schnell ins Gespräch mit wildfremden Menschen, aber meine Krankheit macht mir sehr oft einen Strich durch die Rechnung.
Ich leide an Morbus Crohn. Und wenn ich einen Termin vor mich habe, setzte ich mich schon Tage vorher unter Stress, z.B. ich darf keinen Schub bekommen, sind auf dem Weg dorthin und vor Ort auch gut erreichbare (vor allem „schnell erreichbare“) Toiletten? Und durch diesen Stress bekomme ich natürlich pünktlich zum Termin einen Schub. Ein Teufelskreis, der mich oft kreuzunglücklich macht.
Aber wenn ich es mal ohne Probleme geschafft habe, bin ich der glücklichste Mensch der Welt. Darum sind die Scocial Media für mich eine gute Alternative doch irgendwie dabei sein zu können!
So, liebe Inga, nun habe ich mein Tiefstes dir offenbart.
Herzliche Grüße,
Kirsten
Liebe Kirsten,
vielen Dank für deinen lieben und sehr persönlichen Kommentar! Und für deinen Hinweis: Denn es gibt natürlich noch ganz viel mehr Gründe, die einen einschränken oder gar hindern, wenn es um das ‚rausgehen‘ und ‚weggehen‘ geht – wie (d)eine Krankheit.
Und ich freue mich sehr darüber, dich im Netz, aber auch schon mal „in echt“ kennengelernt zu haben!
Herzliche Grüße
Inga
Ohja, dieses Verhalten kenne ich von mir in und auswendig. Habe es heutzeutage in real immer schwer Gesprächsthemen zu finden und eine Person kennen zu lernen. Für mich ist das dann immer total unangenehm. Allerdings wenn ich mich davor schon im Netz mit der Person ausgetauscht habe ist das kein Problem. Aber wenn die erste Situation doch mal passiert, löse ich damit – dass ich selbst Menschen anspreche. Das erfordert mich immer einiges an Überwindung, aber bisher lief alles positiv und ich denke je öfter man das macht desto leichter ist es.
Sitzplätze suche ich mir übrigens auch gern am Rand, da ich schnell aufstehen mag.
Es tut gut Artikel wie diesen zu lesen, da ich dann merke nicht allein zu sein.
Liebe Grüße,
Sabrina