Ein strahlend schöner Tag: Blauer Himmel, draußen zwitschern die Vögel, die Frühlingsblumen tun ihr bestes.
Aber: Es ist Karfreitag.
Wenn ich durch meine Social-Media-Timeline blättere, freut sich die eine Hälfte über den Feiertag. Ist unterwegs, verbringt das lange Wochende oder die Ferien am Meer, in den Bergen, draußen. Genießt das Wetter und die Zeit mit der Familie oder Freunden. Wünscht schon mal frohe Ostern.
Die andere Hälfte meiner Timeline ist gesammelt und betroffen, denn heute ist ja Karfreitag. Das sind hauptsächlich die aus dem kirchlichen Umfeld. Ich lese Trauergebete, sehe schwarze Statusmeldungen und Ankündigungen zu Andachten zur Sterbestunde Jesu.
Was für ein Gegensatz. Wie könnte er größer und sichtbarer aufeinanderprallen als an einem solchen Frühlingstag.
Zwischen getragener Stille und Ostervorbereitung
„Was essen wir heute Mittag?“ An Karfreitag isst man kein Fleisch. Von draußen weht der Bratenduft der Nachbarsküche hinein.
An Karfreitag ist es still und in sich gekehrt. Von der anderen Seite wehen rockige Musikklänge herüber, und ein startendes Flugzeug überquert lärmend das Haus. Der Traktor mit quirligen Nachwuchs-Jugendfeuerwehrleuten sammelt Holz fürs morgige Osterfeuer.
An meine Kindheit und wie wir da mit dem Karfreitag umgegangen sind, habe ich keine konkrete Erinnerung. Aber tief in meinem Innersten hege ich eine streng protestantisch verankerte Auffassung: An Karfreitag ruht das Leben. Draußen die Wäsche aufhängen oder im Garten arbeiten? Undenkbar.
Der äußere Widerspruch bringt mich in einen Konflikt. Warum nicht den freien Tag genießen? In den Gottesdienst gehe ich heute nicht. Mir persönlich bedeutet der Karfreitag nicht so viel. Schon früher fand ich den Kontrast seltsam, wenn ich doch wusste: Am nächsten Abend zur Osternacht, spätestens aber am Ostersonntag, freue ich mich wieder. Karfreitag war immer trocken und spröde. „Künstliche“ Trauer? Ich konnte mich nie einfühlen.
Mein persönlicher Bedeutungsverlust
Heute überlege ich, ob mir der Karfreitag als Feiertag nicht schlicht weggerutscht ist. Mein Glaube beruht nicht auf einer Opfertheologie, auf Leiden, einer (paulinischen) Sündentheologie. Schon früher behagte mir das Konstrukt von Sünde und Vergebung nicht, und auch während des Theologie-Studiums löste sich dies nicht auf.
Mein Glaube stützt sich darauf, Gott an meiner Seite zu wissen. Einen Beistand zu haben. Jemand, der mich auffängt, wenn es mir schlecht geht. Also eher eine Theologie des Trostes. Ein Sühneopfer widerstrebt mir. Und deswegen ist mir auch der Karfreitag fremd.
Sollte ich aus dieser Situation heraus einem Tanzverbot zustimmen? Den Nachbarn ermahnen, der Holz hackt, oder bei der Nachbarin klingeln, sie möge doch bitte von der Zubereitung von Fleisch absehen?
Stille darf, aber muss nicht
Nein, ich möchte den Karfreitag als Feiertag nicht abschaffen. Stille soll Platz haben dürfen. Ich muss mich aber deswegen auch nicht zur Trauer zwingen oder ein künstliches Klima der Niedergeschlagenheit erzeugen.
Ich freue mich auf Ostern. Werde auch dieses Jahr den Besuch eines Osternachtsgottesdiensts vermissen, weil es hier in der Nähe keinen gibt. Und werde im Inneren in den Halleluja-Ruf am Ostermorgen einstimmen.
🙂
Heute habe ich für mich eine ganz neue Perspektive gefunden – ich finde sie für mich persönlich interessant – ich weiß noch nicht ganz genau, warum, aber es arbeitet in mir:
http://www.bholstiege.de/weltexpress/Selbstreflexion.htm
http://www.bholstiege.de/weltexpress/erloesung.htm
Frohe Ostern!